Feindliche Übernahme? ...
Fotos: © Mayr Florian, St. Valentin
02.07.2019
Der Schmetterling des Jahres 2019 - das Schachbrett (Melanargia galathea) - ist schon ein oft gesehener und markanter Gaukler über Wiesen und Brachen. Während manche auf verschiedenen Blüten sitzen (und dennoch kaum zu fotografieren sind), sausen andere unentwegt und ohne Rast flatternd und torkelnd auf der Suche nach frisch geschlüpften Weibchen durch die Gegend.
Foto: © Mayr Florian, St. Valentin
Eine unbekannte Libelle (Odonata sp.) lächelt freundlich in die Kamera, bevor sie sich schwirrend in die Luft schwingt und so verhindert, notwendige Bestimmungsmerkmale mittels eines anderen Blickwinkels auf ein Bild zu bannen.
Der Kreuzdorn-Zipfelfalter (Satyrium spini) beweist wiederum die Qualität des Lebensraumes "Raadaer Wald", denn er ist ein Spezialist für trockene, heiße Standorte.
Der Kleine Eisvogel (Limenitis camilla) ist heuer wieder zahlreich an vielen Stellen im Wald zu finden. Obwohl ansonsten ein scheuer und flotter Flieger waren diesmal sogar Handyfotos aus nur 10cm Entfernung möglich ...
Die Ameisen-Sackkäfer (Clytra laeviuscula) arbeiten intensiv an der weiteren Eroberung des Lebensraumes "Raader Wald". Ihre ganz spezielle Form der Entwicklung haben wir bereits bei einer der ersten Beobachtungen im Jahr 2016 beschrieben.
Erstaunlich ist immer wieder das Erscheinen irgendwelcher Libellenarten, wo doch im gesamten Gebiet des Raader Waldes keine natürlichen Still- oder Fließgewässer zu finden sind. Nur eine kleine betonierte Einfassung mit stark eutrophiertem (nährstoffreich, überdüngt) Wasser ist hier zu finden. Und dennoch findet sich diese Kleinlibelle mit Namen Blaue Federlibelle (Platycnemis pennipes) in Hochzeitslaune zu einem "Liebesrad" vereint auf einem Halm sitzend. Diese Art schätzt Fließwasser - das hier aber nur in Form des "lebensfeindlichen" weil betonierten Ennskanals vorkommt - sowie tiefere, wärmebegünstigte Lagen. Am Ennskanal findet diese Art aber keine Pflanzen zur Eiablage ... wo also?
Erst vor kurzem ist der Gelbe Blasenstrauch (Colutea arborescens) mit seinen seltsam aufgeblähten Fruchtkörpern hier aufgefallen - und jetzt plötzlich ist er überall entlang des Ennskanals zu finden. Sollte allerdings tatsächlich einer der kolportierten Umfahrungsvarianten hier an diesem Ort umgesetzt werden, ist das Vorkommen dieses interessanten Strauches gleich wieder abzuschreiben. Wer den Gelben Blasenstrauch (Colutea arborescens) also noch kennenlernen möchte, sollte sich umgehend aufmachen ...
Die Gebänderte Pinselkäfer (Trichius fasciatus) sind im Flachland ja eher selten anzutreffen - sie beleben normalerweise die Gräben und Bachufer der Voralpengebiete. Aber dieses Exemplar bestätigt wieder einmal die Qualität des Raader Waldes, das sich schon vielmals als Rückzugsgebiet für seltene oder außergewöhnliche Arten gezeigt und bestätigt hat.
Sofern die erste flüchtige Bestimmung richtig ist, haben wir hier einen Hornklee-Glasflügler (Bembecia ichneumoniformis) vor uns - eine recht außergewöhnlich geformte Schmetterlingsart, von der jedoch eine Anzahl sehr ähnlicher Arten existiert. Interessant: Ihr verkümmerter Saugrüssel erlaubt keine Nahrungsaufnahme!
Es wäre wieder einmal eine für das Gebiet interessante und vor allem neue Art. Dieser vermutliche Erstfund würde allerdings gleich wieder in allgemeinen Vergessen versinken, wenn irgendwelche Umfahrungsvarianten seinen Lebenraum eliminieren würden ....
Nachtrag: inzwischen wurde die Art tatsächlich als Hornklee-Glasflügler (Bembecia ichneumoniformis) bestätigt! Willkommen in unserer damit immer größer werdenden Artenliste!
Gleich einer Nektarbar funktioniert diese Distelblüte, mit Farbe und Geruch lockt sie den Kreuzdornzipfelfalter (Satyrium spini) heran, um ihn zu einem süßen Tropfen zu verführen - und als Bezahlung läßt sie ihn für eine arterhaltende Bestäubung sorgen!
Grausam scheint auf den ersten Blick, wie die Natur manche Geschöpfe ausstattet, um anderen Geschöpfen der gleichen Natur den Tod bringen zu können - aber unergründlich sind für uns die Gesetze der Natur, und doch streben sie immer einem großen gewaltigen Gleichgewicht zu, das für uns ebenso in seiner Vielfalt unergründlich ist. Wie die Horrorfigur Dracula saugt vampirähnlich die Rote Mordwanze (Rhynocoris iracundus) von einem Bockkäfer die Körperflüssigkeit heraus - letztendlich nur mit dem Ziel, das eigene Leben zu erhalten und für ausreichend Nachkommenschaft sorgen zu können.
Der Raader Wald hält immer wieder interessante Begebenheiten, spannende Beobachtungen, neue Funde und bunte Kostbarkeiten für den aufmerksamen Besucher, Spaziergänger oder Wanderer bereit. Undenkbar, dass dieser Wald einer betrieblichen Nutzung "im öffentlichen Interesse" zum Opfer fallen soll, um entweder Gewerbegebiet oder Umfahrungsstraße oder aber sogar beides zu werden. Dadurch würde dieses so weit offene Fenster zur Natur vor unserer Haustür für immer verschlossen ...
Der Raader Wald braucht unsere Hilfe!
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