Schwerpunkt Eiche ...
06.10.2019
Diesmal - motiviert durch einen Kollegen aus Deutschland - habe ich intensiv auf und um Eichen nach deren Bewohnern und Nutzern gesucht ... überraschend, was um diese Jahreszeit alles zu finden ist, wenn man sich Zeit läßt und genau schaut!
Ich stehe vor einer Eiche und schaue ins Blattgewirr - und sehe zunächst einmal gar nix! Aber dann, ganz plötzlich, eine kleine Bewegung, und ich sehe mich Aug in Aug mit einem riesigen Exemplar einer Hornisse (Vespa crabro), einer Königin, die auf einem Eichenblatt sitzend die letzten Sonnenstrahlen einfängt. Sie wird schon in den nächsten Tagen einen Platz zum Überwintern suchen ...
Ob dies eine Galle der Gallwespe (Cynips longiventris) darstellt, ist ungewiß ... nur wenig Literatur ist zu finden, um eine genaue Bestimmung zu ermöglichen. Aber erste Vergleiche mit vorhandenen Bildern lassen diesen Schluß zu ... wir werden sehen, ob sich das noch abklären läßt oder diese Insektengruppe einfach zu schwierig vom Bild zu bestimmen ist.
Hier hat eine Larve einen Minenplatz gefressen. So ein Schadbild entsteht, wenn winzige Larven zwischen Ober- und Unterhaut des Blattes sich durch das Blattgrün fressen .... welches Tier hierfür verantwortlich ist, bleibt jedoch im Dunkel der Unwissenheit verborgen ...
Über ein solches Objekt bin ich auf die Gallen aufmerksam geworden, die (unter anderem) auf den Eichen zu finden sind. Hier handelt es sich um eine alte Galle einer Schwammgallwespe (Biorhiza pallida). Die Gallen bilden sich typischerweise an den Ansatzstellen der Eichenblätter.
Ein weiterer Gast - eine Wildbiene oder eine Hummel? - klammert sich an den Rand eines Eichenblattes und sucht die Wärme der Abendsonne ... ob sie hier übernachten wird?
Draußen im Wald habe ich geglaubt, diese Gallen der Gallwespe (Neuroterus numismalis) eindeutig zu erkennen. Aber jetzt, bei der genauen Betrachtung am Bild bin ich mir nicht mehr so ganz sicher. Es fehlt die charakteristisch mittig eingedrückte becherartige Form ... nun, vielleicht kann ein Spezialist helfen und die Sache klären ... ?
Einmal aufmerksam geworden, finden sich plötzlich fast überall an den Eichenzweigen die Gallen der Schwammgallwespe (Biorhiza pallida) ... mal sitzen sie alleine, mal zu zweien oder auch zu mehreren auf den Zweigen.
Wie verschieden Eichengallen sein können, wird mir erst jetzt bewußt, wo ich gezielt danach Aussschau halte ... und naja, ein bisserl hab ich schon vorher mich "eingeschaut" im Internet, so dass ich jetzt wenigstens ungefähr weiß, worauf ich zu achten habe. Hier - sofern mein noch laienhafter Zugang mit nicht trügt - eine Galle von der Gallwespe (Andricus foecundratix). Demnächst sollte diese Galle zu Boden fallen und dort dann 2-3 Jahre überdauern (!), bevor die nächste Generation schlüpft!
Wie vorhin die Hornisse sitzt auch diese Mistbiene (Eristalis tenax) auf einem Blatt in der schon trüben Abendsonne, um den letzten Rest Wärme aufzufangen. Auch sie ist auf diese Art ein Gast der überall im Raader Wald anzutreffenden Eiche .... Die Mistbiene gehört übrigens zu den Schwebefliegen ...
Im vergangenen Winter haben wir diesen superflachen und kaum 6mm großen Käfer unter Rinde überwinternd entdeckt und damals erfahren, dass er nicht einmal einen deutschen Namen hat, so heimlich ist seine lebensweise. Uleiota planata frißt unter der Rinde die Pilzmyzelien meist in Bodennähe - hier ist er jedoch ausnahmsweise in Augenhöhe unter abgeplatzter Rinde zu finden gewesen ...
Diese kleinen Pilze am Fuße einer Eiche scheinen ebenfalls die Nähe der Eiche zu suchen - vielleicht sind sie sogar an diese angepaßt, benötigen diese als symbiotischen Partner? Aber Klarheit kann nur eine Bestimmung dieser Pilze schaffen ... und bis dahin heißt es abwarten ....
Das Auge ist jetzt schon trainiert - und so fallen mir schon fast ununterbrochen und überall auf den Eichen die braunen, alten Gallen der Schwammgallwespe (Biorhiza pallida) auf ... aber halt, ist da nicht ein grünes Etwas an der Blattunterseite links oben zu sehen? Das sollte doch schon einmal gefunden worden sein ... ?
Tatsächlich, schon einmal ist diese grüne harte Kapsel mit dem braunen Wellenmuster aufgefallen ... aber - man kann sich einfach nicht alles merken, was man im Laufe der Zeit so im Raader Wald gesehen oder gefunden hat. Und so bleibt nur die Nachschau in den alten Archiven .... es ist die sehr seltsam geformte Raupe des Großen Schneckenspinners (Apoda limacodes), die sich mit ihrer klebrigen Unterseite, einer Kriechsohle ähnlich die der Schnecken, ans Blatt geheftet hat.
Immer wieder und immer wieder gibt es im Raader Wald Neues zu lernen, gibt es Neues zu bestaunen, gibt es Neue Informationen, die oftmals unglaublich scheinen. Sei es die Lebensform, sei es die Lebens- oder Entwicklungsweise, sei es die Überlebensstrategie - unerschöpflich ist das Füllhorn, aus dem die Natur schöpft und ununterbrochen Unglaubliches vollbringt!
Man kann Stunden verbringen, nur einen einzigen Baum - heute die Eiche - zu erforschen, dennoch kratzt man dabei immer nur an der Oberfläche, denn niemals kann man alles Wissenswerte erfassen.
Andererseits wird dabei klar, wie fehlerhaft die menschliche Handlungsweise ist, Bäume einheitlich ohne Gedanken an natürliche Gegebenheiten anzupflanzen, Forste zu gestalten und pflegen zu wollen, Einheits-Plantagen hervorzubringen, die die Natur doch nur zu Abwehrmaßnahmen reizen können ... denn die Natur kann keine "Einheit" gebrauchen! Ihr wichtigstes Werkzeug, die Gesundheit eben der Natur zu erhalten, ist die VIELFALT!
Im Raader Wald ist diese Vielfalt noch vorhanden - in weit größerem Maße, als sogenannte "verantwortlich Handelnde" begreifen! Es ist zu hoffen, dass diese DIREKT VOR UNSERER HAUSTÜR vorhandene Vielfalt erhalten werden kann; es ist zu hoffen, dass Vernunft und Einsicht den Raader Wald vor der Vernichtung bewahren ....
Der Raader Wald braucht unsere Hilfe!
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