Ein vierter Kontrollgang

19.11.2018

Die Neugier hat mich noch einmal zu dem Baumstamm des "Alten" getrieben ...

Der trockene glatte Anschnitt machen eine Orientierung an den Jahresringen leicht ... und alle Zehn Jahresringe stecke ich eine Nadel hinein, um einerseits das Alter des Baumes leicht abzählen zu können, andererseits die verschiedenen Zuwachsperioden darzustellen. Fast genau Einhundert Jahre war dieser Baum .... und die letzten 30 Jahre hatte er die geringsten Zuwächse; Trockenheit, veränderte Lichtbedingungen oder auch (aufkommende) Konkurrenz durch benachbarten Bewuchs haben ihn sein Wachstum massiv verringern lassen.

Knapp daneben ein zweiter Stamm - durch die feuchten Flecken und die ungünstig liegenden Spuren der Motorsäge schwieriger abzulesen - aber es geht ja nicht um einen Ablesefehler von einem oder fünf Jahre. Auch hier komme ich wieder auf ein Alter von fast genau Hundert Jahren ... beide Bäume schauen in diesem Bereich gesund aus - aber wer weiß wie die Krone ausgeschaut hat?

Wenns auch den einen oder anderen "Mißgriff" gegeben hat, zeigen dennoch die meisten Anschnitte, dass die Entfernung notwendig war - zumindest wenn die Bäume zu nahe am Weg gestanden haben. Es bleibt aber dieser unbestimmte Rest von Besorgnis ... denn es ist nun mal so: können auch gesunde Bäume unbemerkt "mitgenommen" werden, zeugt dies ja von Schlauheit ... man hat dem (ohnehin rechtlich noch gar nicht vorhandenem) Naturschutz ein Schnippchen geschlagen. Wehe, wehe hingegen, wenn der Naturschutz nur einen Millimeter vom geraden Weg abweichen würde ....

Der Totholzhaufen ... 40 (in Worten Vierzig) Meter lang erstreckt er sich am Wegrand ... viele viele Jahre Nahrungs- und Lebensbasis für holzbewohnende Tiere, Pflanzen und Pilze und Flechten, für holzzerlegende Insekten ... eine unschätzbar wertvolle Ressource für die Natur, ihre Kreisläufe, wird hier dem Wald entnommen ...

... und waren denn wirklich alle entnommen Bäume "die Sicherheit gefährdend"? ... Dieser Baum hier weckt jedenfalls meine Aufmerksamkeit ...

Eine breite Schneise zieht sich zu ihm hin. Kein Weg, den Spaziergänger gegangen wären, denn es handelt sich um eine verwachsene Sackgasse, die erst durch die Holzbringung so massiv niedergewalzt wurde und - wie man sieht - an dichtem Gestrüpp endet. Diese Gasse entstand bei der Bringung des gar nicht so starken Baumes links im Hintergrund. Ein deutlicher Hinweis, dass es nicht immer und überall nur um "Wegsicherung" gegangen ist.

Ist es wirklich so, dass kein Verständnis für die geschundene Natur zu erwarten ist? Dass alles dem Gewinnstreben, der sogenannten "Nutzung" untergeordet wird? Dass an der Natur Raubbau getrieben wird auf Teufel komm raus, dass immer "die Anderen" zuständig sind für die Bewahrung von natürlichen Ressourcen?

Dieser Baum war keine Gefahr - er lag ja schon abseits des Weges am Boden ... aber auch er wurde "mitgenommen", ohne einen Gedanken an Totholz, an Lebensraum, an ökologische Gleichgewichte ... kein Gedanke an "unsere" Natur ...

Wie hieß es doch im "Code of Conduct - Unser Wertesystem" der OMV?

  • An allen unseren Standorten handeln wir mit der erklärten Absicht, höchste Standards bei Gesundheit, Sicherheit und Umweltschutz zum Vorbild zu nehmen ...
  • Wir stehen zu unserer Verantwortung für die Sicherheit und Gesundheit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie für eine intakte Umwelt.
  • So unterstützen wir eine nachhaltige Geschäftspraxis, die zugleich wirtschaftlich tragfähig, umweltbewusst und sozial umsichtig ist. Der Erhalt der Artenvielfalt ist uns ein Anliegen. (!) An unseren derzeitigen Standorten übernehmen wir ebenso wie bei zukünftigen Projekten Verantwortung für den Schutz der Biodiversität. (!)

>>> zum nächsten Tagebuch-Eintrag ...

designed by © Norbert Steinwendner, A 4300 St. Valentin