Sommertod - Sommerleben ...

26.07.2016

Wie nah das Leben in der Natur beim Tod liegt, wurde bei diesem Spaziergang wieder einmal deutlich. Und Gedanken über den möglichen Tod des Raader Waldes kommen bei einer Wolkenstimmung über einer Waldlichtung auf ...

Florian Mayr hat mich am Vortag darauf hingewiesen und mir auch ein Bild zukommen lassen von einem Käfertorso, den er direkt an einem Fahrweg gefunden hatte. Ich nahm dies zum Anlass und wollte Tags darauf kontrollieren, ob meine Augen denn überhapt noch "Insektentauglich" seien - und obwohl ich doch nur eine vage Beschreibung hatte und der Käferrest auch nicht gerade gross war, fand ich tatsächlich das gesuchte Objekt seitlich in der Fahrspur eines Güterweges. Es handelte sich dabei um die Reste eines Sägebocks (Prionus coriareus), der wahrscheinlich einer Vogelattacke zum Opfer gefallen war ... so große Happen lassen sich Vögel selten entgehen, noch dazu wenn sie Junge haben! Aus diesem Grund fliegen diese Käfer ja normalerweise erst in der Dunkelheit - aber dieser ist wohl von dieser Gewohnheit abgewichen und zu bald laut brummend gestartet ...

Wie schon vor zwei Tagen findet sich schon wieder ein Gebänderter Stachelkäfer (Variimorda villosa) auf den weissen Doldenblüten - und zeigt, wie variabel dieser Käfer gezeichnet sein kann, was die eindeutige Bestimmung nicht gerade einfacher macht. Wer weitere Varianten zum Vergleich anschauen möchte, der sollte >>>hier klicken - und Google wird zahlreiche Bilder dieses Käfers liefern ...

Im Streiflicht am Wegrand im Wald findet sich ein schönes Exemplar eines Kiel-Lauch (Allium carinatum), ein Verwandter unseres Knoblauchs. Eigentlich eine Pflanze, die vom Hügelland bis in die Hochalpen vorkommen kann, gilt sie im nördlichen Alpenvorland bereits als gefährdet.

Der Rothalsbock (Stictoleptura rubra) ist ein häufiger, dennoch irgendwie sympathischer Bockkäfer, dem man meist auf Blütendolden begegnen kann. Hier am Bild handelt es sich um ein Männchen, dessen braune Farbe den Namen scheinbar unerklärlich macht. Man muss dazu wissen, dass das Weibchen (>>> ebenfalls zwei Tage vorher im Tagebuch abgebildet) im Gegensatz zu ihm auffallend rot gefärbt und so für die Namensgebung verantwortlich ist ...

Manchmal führt in der Natur der Zufall die Regie - diese Veränderliche Krabbenspinne (Misumena vatia) konnte ich nur als dunkles Etwas sehen und habe die Kamera unter der Blüte gehalten und mehrmals abgedrückt. Herausgekommen ist nur dieses eine Bild, und das zeigt einerseits eine der vielen interessanten Farbvarianten, andererseits dass die Beute dieser räuberischen Spinnen nicht nur aus Fliegen und Bienen besteht, sondern auch aus ... Artgenossen!

Vor zwei Tagen konnte ich diese Spinne zwar bereits fotografieren, allerdings war sie nicht zu identifizieren. Beim heutigen Besuch an der gleichen Stelle (Radnetzspinnen können sehr Reviertreu sein!) saß sie glücklicherweise an einem neu gewebten Tragfaden und ich konnte die Kamera unter die Spinne halten und abdrücken. Und so wissen wir jetzt, dass es sich um die Vierfleckkreuzspinne (Araneus quadratus) handelt, die noch um eine Spur größer werden kann als die allseits bekannte (Garten-)Kreuzspinne.

Ein recht bunter Vertreter der Baumwanzen (Pentatomidae) sitzt regungslos und gut getarnt auf einer vertrockneten Blüte - und entzieht sich der genauen Bestimmung. Zu ähnlich und zu variantenreich ist die Färbung dieser Insektengruppe, als dass eine Bestimmung per Bild möglich wäre ... Wanzen sind übrigens eine äußerst interessante Gruppe der insekten, die es geschafft haben, als einzige (!) sämtliche (!) Lebensräume der Erde zu besiedeln - es gibt sie in einzelnen hochspezialisierten Arten sowohl in der Gletscher- und Eisregion als auch am offenen Meer! ... damit schlagen sie sogar die fast ebenbürtigen Käfer ab, die es nie geschafft haben, das Meer als Lebensraum zu nutzen.

Beine und Fühler verraten die Zugehörigkkeit zu den Wanzen, obwohl es sich noch um eine Wanzennymphe - also eine Wanze im Larvenstadium - handelt. Wanzennymphen erkennt man unter anderem daran, dass die Flügel noch nicht voll ausgebildet sind und hierdurch die den Wanzen eigene, auffällige diagonale Rückenstruktur fehlt ...

Diesen mir unbekannten Pilz habe ich schon vorgestern hier vorgestellt - und er ist ein Dokument für die rasche Vergänglichkeit in der Natur, denn nach nur zwei Tagen ...

... ist derselbe Pilz schon vom Verfall gezeichnet: der Hut verliert seine auffällige gelbe Farbe und verblaßt, der Hutrand beginnt bereits zu schrumpeln und der Stiel trocknet aus und wird dünner ....

Beim Absuchen eines Gebüsches fielen mir aufgescheucht wegfliegende Aaskäfer auf, und im gleichen Moment machte sich modriger Geruch bemerkbar. Hierdurch aufmerksam geworden, fand ich unter den Zweigen die Reste eines jungen Feldhasen (Lepus europaeus) von dem der vordere Schädel zertrümmert und/oder angefressen war. Wodurch der Hase umgekommen ist und wer ihn so unvollständig "genutzt" (Fachausdruck für "(an)gefressen") hat, blieb leider unklar ....

Wie ein blauschillernder Soldat im Dickicht kämpft sich dieser Frühlingsmistkäfer (Geotrupes vernalis) durch das Gras. Stark gepanzert und blauschillernd ist er trotz seines Namens eine auffällige, ja sogar schöne Erscheinung im Raader Wald. Auch dieses Tier zeigt wieder mit seiner eigentlichen Vorliebe für sandiges Terrain, dass im Bereich des Raader Wald trockenheits- und wärmeliebende Tiere ein sehr gutes Rückzugsgebiet gefunden haben, wie es in der weiteren Umgebung nur mehr sehr selten vorzufinden ist!

Der Raader Wald - ein seit einigen Jahrzehnten relativ ungestört sich entwickelnder Eichenwald auf trockenem Boden, mit nur wenigen Einsprengungen von anderen Baumarten. Es bleibt zu hoffen, dass sich die dunklen drohenden Wolken über dem Wald nicht entladen im Klang kreischender Motorsägen, lärmender Betonmischer und qualmender Asphaltiermaschinen, den Wald vernichtend, die Natur verwüstend und den Boden wie so oft im Land versiegelnd ...

>>> zum nächsten Tagebuch-Eintrag ...

 

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