Zum ersten Mal im Raader Wald - und Regen!

02.05.2016

Wer da glaubt, dass Regen das Erleben der Natur unmöglich macht, dem möchte ich sagen, dass bei Regen einfach ganz andere Eindrücke zu gewinnen sind. Ganz andere Tiere können hierbei entdeckt und beobachtet werden, und ganz andere Pflanzen drängen sich förmlich ins Auge, die bei Sonnenschein unter Umständen aufgrund der vorhandenen Fülle einfach weniger beachtet werden.

Die saftigen Grüntöne des Frühlings schaffen aber in diesem Fall sofort einen ersten freundlichen Eindruck, und die feuchte kühle Luft bläht erfrischend die Lungen - und das bereits lässt den schlammigen Fahrweg vergessen, der die Schuhe erst beschmutzt, später durchnäßt, und das Gehen stellenweise zu einem taumelnden Rutschen werden läßt.

Die Vielgestaltigkeit der Blätter vermischt sich zu einem wolkigen Grün, und staunend nimmt das Auge diese ruhige, beruhigende Farbenpracht nur aus einer einzigen Farbe auf. Erst auf den zweiten Blick gewahrt man, wie sich sich die vielen Brauntöne davon abheben, die Skala reicht von helleren Stämmen zu von der Regennässe tiefschwarzem Gezweig ...

Der regentrübe Tag macht es nicht immer einfach, das Gesehene richtig ins Bild zu bringen - aber die hellgelben Blütentrauben der überall seitwärs der Wege befindlichen Berberitze geben irgendwann einmal eine erste gute Gelegenheit. Mörderisch stachelig ist der Strauch, der nicht mehr oft in solchen Mengen anzutreffen ist ... und nur mit schwerer Kleidung scheint es möglich, ein solches Gestrüpp unverletzt zu durchdringen ...

Die Blüten der Berberitze wiederum sind ein zartes Gebilde und halten für den aufmerksamen Beobachter eine Überrschaung bereit: in den weit offenen Blüten mit den 5 gelben Blättern befinden sich sich die ebenfalls 5 Staubgefäße, welche sich einzeln bei sanfter Berührung zur in der Mitte stehenden Narbe klappen lassen - mit dieser "technischen Funktion" tragen sie den Blütenstaub auf die blütenbesuchenden Insekten auf ...

Aufgeregtes Gezwitscher im Unterholz läßt mich innehalten und die Umgebung absuchen: solchen warnenden Lärm machen Vögel oft nur im Mai, in der Brutzeit, wenn unerwünschter Besuch allzu nahe an ihre Nester herankommt - und prompt finde ich ein solches Nest an einen Stamm geschmiegt in unmittelbarer Nähe zum Weg. Da der Vogel selber sich nicht blicken läßt, verlasse ich den Ort schnell wieder, um den Vogel zu beruhigen - und verschiebe die Feststellung der Vogelart auf später ...

Stacheln allüberall neben dem Weg - diesmal ist es der Weißdorn, der hier zahlreich dichtes Gebüch bildet. Hat er genügend Raum, kann er auch zu stattlichen Bäumen heranwachsen. Seine Blüten brauchen noch einige Tage und vor allem Sonnenschein, bis sie sich ganz öffnen ...

Der wollige Schneeball hingegen hat vielfach schon seine Blüten geöffnet. Es ist ein Strauch mit weichen, sich filzig-wollig anfühlenden breiten Blättern. Der Volksmund hat ihm deshalb seinen Namen gegeben ...

Dicht am Boden glänzt es silbern zwischen den Gräsern hervor - was mag wohl daraus werden? Eine entkommene Gartenpflanze? Oder doch ein mir unbekanntes Wildkraut? Vielleicht läßt sich das Rätsel später lösen - entweder mit Büchern zuhause oder bei einem späteren nochmaligen Spaziergang, wenn die Pflanze zur Gänze entwickelt ist und sich arttypische Merkmale ausgebildet haben ...

Das feuchte Wetter läßt dieses feuchtigkeitsliebende Tier öfter am Wegrand auftauchen. Die hübsche Bänderung kennzeichnet sie als "Gerippte Bänderschnecke". Diese Schnecken kriechen oft Stämme von Büschen und Bäumen hinauf, um dort die angesiedelten Flechten abzuweiden - was nichts anderes heißt, als sie mit ihren rauhen Zungen mühsam abzuraspeln!

Dieser Ast des Hartriegels wird wohl ein Problem bekommen. Die Räupchen - wahrscheinlich eines Schmetterlings - haben nach dem Schlüpfen gemeinsam begonnen, sich mittels eines dichten Gespinstes vor Räubern zu schützen, um sich in aller Ruhe dem Fressen der jungen, zarten Blätter widmen zu können ...

Im Unterholz finden sich zahlreiche kleine helle Flächen, wo sich in großen Mengen das wunderhübsche, aber giftige Maiglöckchen ausgebreitet hat. Ihre Blüten sind großteils noch kaum entwickelt, und nur ganz wenige schon geöffnet. Nochist der Typische Maiglöchckenduft nicht wahrnehmbar, aber bald wird es so weit sein ...

Auch das Schöllkraut, im Volksmund bekannt als heilsames Warzenkraut, bildet schon seine Blütenansätze aus. Schon die nächsten Sonnenstrahlen werden sie dazu bringen, sich ganz zu öffnen und dann werden sie wie gelbe Sonnenflecken aus dem Unterholz hervorleuchten.

Der erste Eindruck ist geschafft - durchnäßt von Sträuchern und hohem Gras am Wegrand suche ich den Rückweg, der mir noch manchen Vogelruf beschert. Was ich mitnehme ist das Bild des Eichenwaldes mit seinem dornigen Unterholz, deren zahlreichen in Kürze aufbrechenden Blüten und die Neugier auf das Werden der Natur in der nächsten Zeit ...

Ich bin mir sicher, hier noch viele schöne Dinge am Wegrand zu finden ...

designed by © Norbert Steinwendner, A 4300 St. Valentin