Beobachten, suchen, Fallen stellen ...

30.09.2020

Es wird schon kühler draußen in der Natur, aber der Herbst hat immer noch einiges zu bieten ... schauen wir nach, was sich jetzt noch beobachten und finden läßt da draußen im Raader Wald (und wie wir dem Glück manchmal ein bischen nachhelfen).

Vorbei an den immer noch blütenreichen Brachen wenden wir uns dem Wald zu, auf einem Weg, der uns zu einer großen Eiche führt, hinter dem das Waldleben beginnt, sofern es sich um diese Jahreszeit noch zeigt.

Diese Frucht der Stiel-Eiche (Quercus rubur) gibt einen deutlichen Hinweis auf die Herkunft ihres Namens: der lange Stiel an dem die Eichel hängt. Man sollte aber immer mehrere Eicheln prüfen, denn nur allzuoft findet man auch Eicheln an kurzen, zumindest kürzeren Stielen, was seinen Grund in irgendwelchen Wachstumsstörungen oder sonstigen äußeren Einflüssen haben kann.

Gerne bildet die Stiel-Eiche (Quercus rubur) wie abgebildet auch mehrere Eicheln an einem Stiel aus, was aber immer noch nicht bedeutet, dass es sich um eine Trauben-Eiche (Quercus petraea) handelt. Die Eicheln sind eher langgestreckt, was ein Merkmal der Stiel-Eiche (Quercus rubur) ist. Dennoch wird hierdurch ersichtlich, dass es immer wieder verschwimmende, verfließende Grenzen der Unterschiede gibt und man bei ähnlichen Arten gleich auf mehrere Erkennungsmerkmale achten muss. Kleines Detail am Rande: die links im Bild befindliche braune Struktur blieb beim Fotografieren verborgen und damit unbeachtet ...

Recht unterschiedliche Gründe kann die Bildung einer sogenannten Galle auf der Eiche haben: Verletzung, Krankheit, Pilze, Milben oder Insekten bewirken Gallenbildungen verschiedensten Aussehens. Und die zu den Insekten gehörenden Gallwespen (Cynipidae) nehmen hier eine besondere Stellung ein - und die Eiche wiederum ist einer der wenigen Bäume, welche ein artenreiches Spektrum der Gallwespen (Cynipidae) anlockt, die an Blättern, Knospen, Blütenständen, Wurzeln oder auch Früchten auftreten. Welche Gallwespe diese besonder Form der Galle erzeugt hat, bleibt vorerst unbekannt ...

Tatsächlich - es regt sich trotz der kühlen Temperaturen noch immer etwas zwischen den Blättern der Büsche. Ungefähr 3000 Arten gibt es in der Familie Schlupfwespe (Ichneumonidae) und etwa 850 Arten der Familie Blattwespen (Tenthredinidae) - tja, aber schon die Zuordnung zu einer der beiden genannten Familie ist nicht einfach - wobei ich bei diesem Tier eher zu Schlupfwespe (Ichneumonidae) tendiere. Es war reiner Zufall, dass ich dieses flott herumfliegende Insekt bei einer der nur Sekunden dauernden Landungen fotografieren konnte. Trotz relativ auffälliger Färbung - die weißen Fühlerstücke sowie der weiße Punkt am Körperende - war die Bestimmung nicht möglich.

Und auch so manche Spinne ist noch aktiv: Waren es bei der letzten Begehung die vom Morgentau sichtbar gemachten Baldachinnetze, ist es diesmal eine Vertreterin der Baldachinspinnen (Linyphidae sp.) selber, die sich ausnahmsweise an der Unterseite ihres zarten Gespinstes zeigt ....

Sogar ein Vertreter der sonnenhungrigen Heuschrecken ist noch auf den Beinen: Unweit des Spinnennetzes sitzt breit und schwer eine Gewöhnliche Strauchschrecke (Pholidoptera griseoaptera) auf einem Blatt und hofft auf letzte Sonnenstrahlen. Diese gar nicht seltene Heuschrecke hat eine Besonderheit: Sie gehört zu den Arten mit der weitesten Vertikalverbreitung und ist von der Tieflage unter 200 Meter sowie im Gebirge bis über 1700 Meter anzutreffen.

Auffällig bei den Weibchen der Gewöhnlichen Strauchschrecke (Pholidoptera griseoaptera) ist die sensenförmig nach oben gebogene Legeröhre, durch welche die Eier in das Nestsubstrat gelangen.

Und eigentlich wundert es einen gar nicht mehr, auch Schmetterlinge noch anzutreffen bei niedrigen Temperaturen: Ein relativ bekannter, wenn auch nicht allzuoft gesehener Nachtfalter ist die Gamma-Eule (Autographa gamma). Überraschend ist, dass die Gamma-Eule ein Wanderfalter ist, dessen Vorkommen sich über Nordafrika und das nichttropische Eurasien erstreckt. Hier sitzt sie reglos auf einer Blüte und wartet wohl auf letzte Sonnenstrahlen.

Alle Jahre wieder leuchten hell und freundlich die bunten Lampions der Blasenkirsche (Physalis alkekengi) aus dem niedrigen Unterbewuchs des Raader Waldes hervor. Und als Lampionblume hat sie ihren Weg in die Gärten des Menschen gefunden, wo sie in der Variante als Zierpflanze Physalis alkekengi var. franchetii angepflanzt wird.

Diesmal eine kleine Erläuterung, wie wir es anstellen, um zu immer neuen Bildern von immer neuen Arten - in diesem Fall von Käfern - kommen. Das Geheimnis liegt in der Fallenjagd, mit denen einigen dieser flinken, oft nur bei Nacht auf der Suche nach Beute herumflitzenden Sechsbeinern mit einiger Geduld gut beizukommen ist. Unter solchen Rindenstücken verbirgt sich dann das "Geheimnis". Einerseits um es "unsichtbar" zu machen, andererseits aber um es vor Regen zu schützen, denn ...

... unter der Rinde befindet sich ein Glas, das bis zum oberen Rand eingegraben wird. Und in diesem Glas befindet sich ein alter Kunststoffbecher, der hierdurch leicht zur Sichtkontrolle entnommen werden kann. Um die Käfer anzulocken, experimentiert man am Besten herum, wobei sich mit einigen Tropfen altem Bier oder säuerlichen Fruchtsäften getränkte Schaumgummistücken recht gut bewährt haben. Aber auch rohe Leber- oder bereits "duftende" Fischstückchen rufen ihre "Gäste" und ziehen sie unwiderstehlich an.

Nur selten allerdings findet sich dann so eine Häufung z.B. von Lederlaufkäfern (Carabus coriaceus), die im Raader Wald recht häufig anzutreffen sind. Eine tägliche, mindestens 2-tägige Kontrolle ist natürlich notwendig, und nach einer "Foto-Session" und der Aufnahme der Funddaten werden die Tierchen - ausreichend entfernt von den Fallen - wieder in die Freiheit entlassen.

Die "normale Jagdmethode" ist und bleibt aber die intensive, genaue Beobachtung und der suchende Blick. Und immer wieder finden wir so auch den Eikokon der Gottesanbeterin (Mantis religiosa), der an der Unterseite einer Eisenbahnschiene angebracht wurde. Hier ist er gut geschützt vor Regen, und das Metall gibt die Wärme der Sonne gut weiter ... ob das Gelege allerdings den Winter übersteht, hängt von dessen Strenge ab ...

Immer wieder möchte ich darauf hinweisen, dass alle diese Bilder belegen sollen, wie Artenreich der Raader Wald ist. Und dass es bei nur ein wenig Geduld und gezieltem Schauen jedermann (und jederfrau) praktisch zu jeder Tages- und Jahreszeit leicht möglich ist, eigene interessante Beobachtungen zu machen. Egal ob man sich für Tiere oder Pflanzen, für bestimmte Abläufe oder die natürliche Dynamik, für Abhängigkeiten oder Nahrungsketten interessiert oder sich einfach von beobachteten Bewegungen fesseln lässt, es ist für jeden etwas da. Und auch wer sich "nur" bummelnd durch den Wald bewegt, wird die Erfahrung machen, dass es erfrischend, beruhigend, für manchen sogar heilsam ist.

Die aktuelle Entwicklung mit COVID-19 zeigt, wie dringend wir unser Handeln bezüglich Natur korrigieren müssen, wie brutal die Natur zurückschlagen kann, wenn man sie zu sehr malträtiert, mißhandelt, mißachtet ... und die Millionen Tonnen Müll im Meer, der Umgang mit dem Boden, der Verbrauch der Landschaft, die hemmungslose Nutzung und Versiegelung der Böden, die Verschmutzung der Luft, der hemmungslose Einsatz von den Menschen krankmachenden Chemikalien in Kosmetik, ja in Nahrungsmitteln sollten doch zu denken geben?

Oder haben wir schon das Denken verlernt und hoffen deshalb, dass "irgendjemand" das schon wieder reparieren wird?

Der Raader Wald braucht unsere Hilfe!

Hier gehts zur >>> online-Petition <<< wo Du bequem am Bildschirm unterschreiben kannst.

Danke für Deine Unterstützung!

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