... und wieder keine Eichen ...

04.11.2019

Immer wieder werden wir gefragt, ob es nicht langweilig ist, immer den gleichen Wald aufzusuchen und zu durchstreifen ... und warum und wozu wir das eigentlich tun?

Nun, wir wollen den Raader Wald schützen, bewahren - und hierfür ist es einfach notwendig, ihn und sein Arteninventar genau zu kennen. Es ist notwendig, die seltenen, schützenswerten Tiere und Pflanzen zu finden und zu belegen, dass sie hier - und manchmal sogar nur hier - vorkommen. Und es ist auch für uns immer wieder interessant, wenn wir auf Neues stoßen, wenn wir bisher Unbekanntes vorfinden - sei es eine neue Art, sei es ein außerordentlicher Lebensraum, sei es ein außerordentlich alter oder sogar bereits abgestorbener Baum. Und dann ist da noch die Kombination von Vielem - im Eichenwald versteckte Bäume anderer Art, oder Insekten, die bestimmte Bäume bevorzugen oder sogar unbedingt brauchen. Und dann noch die vielen Vögel, welche wieder diesen Insekten oder deren Brut nachstellen.

So wie schon vor wenigen Tagen gehts heute bei Sonnenschein wieder auf "Jagd" nach jenen Bäumen, die keine Eichen sind ... das Herbstlaub erlaubt es, sie oft auch im Wald schon von weitem zu bemerken, denn ihr Laub verfärbt sich anders als jenes der Eichen.

Die Hainbuche (Carpinus betulus) suchen wir besonders eifrig - sie ist wichtig, weil sie den Typus des Eichen-Hainbuchenwaldes ausmacht - und sie ist wie so oft in diesen Wäldern stärker genutzt worden, sodass nur mehr geringe Bestände aufzufinden sind. Aber zahlreiche Jungbäume haben wir in letzter Zeit schon gefunden - ein Zeichen, dass die Natur versucht, diese übermäßige Entnahme nur einer Art wieder auszugleichen.

Eine relativ junge Winterlinde (Tilla cordata) hat sich hier - relativ unerwartet - am Wegrand im Wald bei einer Lichtung in die Höhe gekämpft. Ihre typischen kleinen Blätter hat sie jedoch schon früher als die meisten ihrer Schwestern verloren. Der Standort hier scheint für sie nicht so optimal zu sein ... aber immerhin hat sie schon geblüht,

Immer wieder trifft man an warmen Waldrandbereichen aber auch in kleinen Lichtungen den wärmeliebenden Spitzahorn (Acer platanoides) . Seine leuchtendgelben Blätter sind besonders auffällig zwischen den eher bräunlichrot gefärbten BHerbstblättern der Eichen.

Nicht ganz so auffällig die Herbstfärbung des Feldahorns (Acer campestre), hier ist aber die Sonneneinstrahlung recht hilfreich, um die kleinen Blätter dieses Baumes aufleuchten zu lassen aufzuspüren.

Aller guten Dinge sind drei - und so findet sich auch ein Exemplar des Bergahorns (Acer pseudoplatanus) in einem lichten Waldbereich. Diese Art ist vereinzelt zerstreut im ganzen Raader Wald zu finden.

Wiederum in einer Lichtung eine noch kleine Sommerlinde (Tilla platyphyllos) mit ihren ausladenden großen Blättern. Sie verrät sich durch die Blattgröße und den Wuchs, und eher nicht durch die Herbstfärbung. Für die Unterscheidung der Wuchsform braucht man aber schon ein wenig Erfahrung in der "Baumsuche" ... denn durch besondere Umstände bei engem Wuchs und Bedrängung durch fremdartige Nachbarbäume, aber auch bei Lichtmangel kann der Wuchs stark variieren. Dann ist die Kronenform nicht mehr eindeutig erkennbar, oft einseitig oder auch schlank nach oben ins Licht drängend ...

Über die schönste goldrote Herbstfärbung verfügt die Rotbuche (Fagus sylvatica) - und fast immer verrät sie sich auch gleichzeitig durch ihren besonderen Wuchs und außerdem durch die graue Stammfärbung. Meist sieht man sie schon von weitem, da sie lichte Bereiche bevorzugt ... aber die Natur ist Weltmeister in der Schaffung von Ausnahmen, und so steckt manche Buche im dichtesten Gestrüpp ...

Gerade bei der Suche nach bestimmten Arten kommt man oft in Bereiche des Waldes, die man entweder übersehen hat oder an denen man einfach knapp vorbeimarschiert ist, ohne sie bemerken zu können ... Hier diese Lichtung wurde von mir noch nie bewußt wahrgenommen - sie wird im "Logbuch" verzeichnet, denn an ihrem Rand stehen schon ältere tote Bäume, welche im Sommer eine magnetische Anziehungskraft für die totholzbewohnenden Insekten besitzen.

Auch dieser Lichtungsbereich wird im nächsten Sommer interessante Insektenarten beherbergen. Wenn die Sommersonne den Boden aufheizt, kann es hier nur so schwirren und summen ...

Und siehe da - ws ist denn das? Schon ist die Theorie wahr geworden - auch die heutige Sonnenwärme hat einen Zitronenfalter (Gonepteryx rhamni) ziemlich zur Unzeit hervorgelockt - immerhin ist bereits November! Meist setzen sie sich jedoch nicht nieder, und so versuche ich ein Belegfoto im Flug zu erwischen ...

Aber ich habe Glück: der Zitronenfalter (Gonepteryx rhamni) läßt sich in der prallen Sonne auf eine Brombeere nieder, und mit übervorsichtigem "Anschleichen", um keinen scheuchenden Schatten auf ihn zu werfen, komme ich nahe genug ...

Zum Schluß entdecke ich noch einen Stamm Totholz, der dick genug ist auch für größere holzzersetzende Käfer - auch dieser wird in die Liste aufgenommen, nach der im Sommer dann die ergiebigsten Positionen für die Beobachtung der ans Totholz gebundenen Insekten aufgesucht werden können.

Abschließend ein Blick zurück auf einen Waldrand des Raader Waldes. Die Baumkronen sind schon gelichtet, das Grün weicht schon einem rotbraunen Farbton ... nicht mehr lange, und alle Blätter bis auf wenige Ausnahmen landen am Boden, wo sie die Umwandlung zum Humus durchlaufen werden!

Jede noch so kleine Exkursion bringt Neues an den Tag. Jeder noch so kurzer Spaziergang ermöglicht neue Beobachtungen - man muss allerdings aufmerksam sein, man muss immer offene Augen haben, und man muss bereit sein dafür, dass nicht alles am Servierbrett "geliefert" wird wie am Fernseh-Bildschirm bei "Universum". Man darf nie vergessen, dass dort ein Team oft Monate, ja sogar Jahre in den zu zeigenden Lebensräumen verbringt, um dann ganze 90 Minuten oder weniger komprimiert in unsere Wohnzimmer zu bringen!

Die Natur jedoch ist kein Wohnzimmer - sie fordert Geduld, offene Augen, und den Willen zu Entdecken, bevor sie ihre Geheimnisse preisgibt - und das alles VOR UNSERER HAUSTÜRE! Darum ist es wichtig, den Raader Wald so wie er ist zu erhalten, um den kommenden Generationen und auch uns selbst die Möglichkeit des Natur-Erlebens zu bewahren.

Der Raader Wald braucht unsere Hilfe!

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Danke für Deine Unterstützung!

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